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„A very stable genius“? Veranstaltung zu Twitter als Medium politischer Kommunikation mit Sawsan Chebli, Ruprecht Polenz u.v.a.

Die Wahl des „Twitter“-Präsidenten Donald J. Trump hat wohl auch die letzten Zweifler davon überzeugt, dass die Politik der Sozialen Medien keinen Randbereich des Politischen mehr darstellt. Eng damit verwoben ist eine Medienrevolution, in der alte Gatekeeper entmachtet werden und neue Akteure, seien es grassroots activists oder auch neue Player wie Breitbart.com, nach Deutungsmacht streben. Weit entfernt davon, einfach „verrückt“ zu sein, wie es Kommentare manchmal andeuten, nutzt der US-Präsident das Medium durchaus strategisch und hinsichtlich des Agenda-Settings mit einigem Erfolg, so lautete eine Schlussfolgerung der Studie „Twitter Diplomacy“, die ein Autorenteam rund um IfM-Fellow Dr. Jasmin Siri (LMU München) am 22. November im ProjektZentrum Berlin der Stiftung Mercator vorstellte. Im Anschluss an die Studienvorstellung durch Siri und Dr. Martin Koch (Universität Bielefeld) diskutierten Vertreter/innen aus Politik, Wissenschaft und Medien unter der Moderation von IfM-Direktor Leonard Novy über die politische und publizistische Rolle von Twitter in einer veränderten Kommunikationsumwelt. Für diese Runde lieferten die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli, der ehemalige CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz und der Autor Johannes Hilje einführende Impulse.

Folgende Ergebnisse hat die von der Stiftung Mercator geförderte Studie, die sich schwerpunktmäßig mit Reaktionen von EU-Politikern auf die Twitterkommunikation des US-Präsidenten Donald J. Trump beschäftigt, unter anderem herausgearbeitet:

1. Twitter macht diplomatische Kommunikation für alle sichtbar. Wissen über transatlantische Diplomatie und ihre Themen war lange Zeit eingeweihten politischen Playern und Journalist/innen vorbehalten. Das ändert sich, indem relevante Themen und Konfliktstrukturen für alle Mitlesenden sichtbar werden. Dies wird politikwissenschaftlich zum Beispiel unter dem Stichwort der „public diplomacy“ diskutiert.

2. Die Twitter-Kommunikation des US-Präsidenten ist nicht „verrückt“, erratisch oder in sich unlogisch. Sie verfolgt eine klare Agenda. Gemäß der Idee „America first“ und der politischen Polarisierung richtet sich Trumps Kommunikation in erster Linie an seine eigene Gefolgschaft. Innenpolitische Erwägungen sind folgerichtig relevanter als außenpolitische oder diplomatische Ziele.

3. Die Reaktion von Playern aus der Europäischen Union auf die Trump-Tweets ist ganz unterschiedlich. Während die Mehrheit der untersuchten Accounts es vermeidet, den US-Präsidenten direkt zu adressieren und im Ton sachlich und diplomatisch ist (z.B. Federica Mogherini), formulieren andere kämpferische Kritik (z.B. Donald Tusk). Doch gerade bei der ersten Gruppe finden sich „indirekte“ Kommentare, die für Kenner/innen der transatlantischen Beziehungen als Kommentar zu Trumps Tweets gelesen werden können.

4. Trumps Tweets triggern positive Erzählungen der EU und des Zusammenhalts. Als eine Art nicht beabsichtigter Folge der Trump-Tweets zeigt sich, wie unterschiedliche Akteure in der EU durch Angriffe zusammenrücken und Angriffen, höhnischen Kommentaren und Kritiken positive Erzählungen Europas entgegensetzen. Ungewollt tragen die Trump-Tweets also zu einer stärkeren Identitätsbildung der überzeugten Europäer bei.

​5. Bildet sich eine neue transatlantische Brücke der Populisten?

Während die überzeugten Europäer zusammenrücken, gibt es natürlich auch innerhalb der EU Politiker/innen, die den Trump-Policies sehr positiv gegenüberstehen. So lässt sich zum Beispiel beobachten, dass die Brexiteers Trump für sich vereinnahmen und vice versa. Es entstehen gemeinsame Narrative und die Narrative der jeweils anderen werden auch übernommen.

Die vollständige Studie „TWITTER DIPLOMACY. Außen- und Sicherheitspolitik in Zeiten von Social Media“ wird in den nächsten Wochen auf der Webseite des IfM abrufbar sein.

Autorenteam: Jasmin Siri, Frederik Zimmermann, Martin Koch, Madeleine Myatt, Tanja Jaschkowitz